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Junge Kunst für Hanau: Schülerausstellung im Kulturforum Berlin

Aktualisiert: 21. Feb.

Im Oktober 2023 reichte ich 25 Bilder meiner Schüler aus zwei zehnten Klassen beim Wettbewerb „Junge Kunst für Hanau“ ein (Bericht s. Link). Und obwohl wir sehr darauf gehofft hatten, war es doch eine Riesenüberraschung, als im Dezember die Nachricht kam: Aus ca. 400 Einsendungen wurden 84 Schülerarbeiten ausgewählt, zwei davon von uns. Also waren Sofiia Karaieva, Hermine Mensching (10b) und ich am 12.02.2024 nach Berlin gereist, um dort drei sehr aufregende Tage zu verbringen: eine wunderschöne Veranstaltung aus einem traurigen Anlass.


Film-Reportage über die Ausstellungseröffnung im Kulturforum, bei welcher auch Sofiia und Hermine zu Wort kommen.



Abends am Anreisetag wurde im Hotel Aquino ein Empfang für alle Teilnehmer veranstaltet. Dort wurden wir von den Wettbewerbsorganisatoren Clemens Höxter, BDK, und Gabriele Schulz, Deutscher Kulturrat, herzlich begrüßt. Auf dem Podium kamen auch einige geladenen Redner zu Wort: Karim El-Helaifi (das postmigrantische Hilfswerk e. V.), Sanem Kleff („Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“) sowie Serpil Temiz Unvar, die Gründerin der Bildungsinitiative Ferhat Unvar.


Willkommensverantsaltung am Anreiseabend im Tagungszentrum Aquino (12.02.2024); letztes Bild: Serpil Temiz Unvar, Gründerin der "Bildungsinitiative Ferhat Unvar"; Fotos @ Olaf Zimmermann / Katia Tangian




Gerade diese letzte Rede berührte die aus ganz Deutschland angereisten Gäste sehr; Frau Unvar ist die Mutter eines der neun Hanauer Opfer, die am 19.02.2020 bei einem rassistisch motivierten Anschlag ihr Leben verloren hatten. Frau Unvar hatte eine Bildungsinitiative gegründet, welche sich seit dem Tod ihres Sohnes fortlaufend gegen Rassismus und Diskriminierung einsetzt, damit sich solche Anschläge nicht wiederholen: „Erst wenn wir nicht mehr über die Opfer sprechen, sind sie wirklich tot,“ sagte Frau Unvar und appellierte an die Jugendlichen im Saal, ihre „enorme Kraft zu nutzen, um die Welt zu verändern.“

Im Anschluss an diese emotionale Ansprache hatten alle Teilnehmer der Veranstaltung die Möglichkeit, sich ein bisschen kennenzulernen und auszutauschen, bevor es zurück ins Hotel ging.


Arbeiten der Stadthäger Schülerinnen Sofiia Karaieva (links) und Hermine Mensching (rechts), die es in die Ausstellung "Junge Kunst für Hanau" geschafft hatten.



Am nächsten Tag, dem 13.02., begann um 10 Uhr morgens der eigentliche Ausstellungsaufbau. Mit zwei Bussen wurden ca. 100 Schüler und Lehrer ins Kulturforum gebracht. Nur ein Stockwerk über uns hingen die kostbaren Botti

cellis und Vermeers der Gemäldegalerie – für die erste Ausstellung eines angehenden Künstlers nicht die schlechteste Adresse!


Blick in die Ausstellung vom Eingang des Kulturforums aus



Die Stellwände und die gerahmten Bilder waren von den Organisatoren schon sorgfältig vorbereitet und aufgestellt worden, ein Hängeplan hing auch bereits aus. Es fehlte nur noch der letzte Schritt: Die Bilder an die Wand zu hängen, die Skulpturen auf ihrem Sockel aufzustellen. Doch selbst das erwies sich bei einigen Arbeiten als schwierig, da die Rahmen und die Hängehaken nicht immer zusammenpassten, oder die angedachte Reihenfolge einer Bilderserie aufgrund der abweichenden Stellwandbreite nicht eingehalten werden konnte.


Ausstellungsaufbau im Kulturforum am 13.02.2024; zum Vergrößern anklicken, zum Durchblättern scrollen



In unserem Fall war die Hängung unkompliziert: Die beiden gerahmten Digitaldrucke wurden von Hermine und Sofiia schnell in die Vertikale gebracht. Danach blieb uns noch reichlich Zeit übrig, um einen Blick in die Wechsel- und Dauerausstellungen des Hauses zu werfen, bevor sich alle an der Museums-Cafeteria zu einem gemeinschaftlichen Imbiss trafen.ach dem Mittagessen gingen wir gemeinsam durch die Ausstellung, wo Schüler sich gegenseitig ihre Bilder präsentierten. Einige Schüler hatten sich im Vorfeld kurze Statements überlegt, die sie dann vortrugen; andere Schüler sprachen eher frei. Unter diesem


können alle Arbeiten der Ausstellung einzeln angeklickt und vergrößert werden; auch einige Schülerstatements können hier nachgelesen werden. Darüber hinaus kommen in diesem Radio-Podcast Schüler selbst zu Wort.


Rundgang durch die Ausstellung mit allen Beteiligten; Interview mit Louis Killisch von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz; zum Interview bitte hier klicken



"Mein Plakat habe ich als Erinnerung daran geschafft, dass jeder von uns vielfältig ist. Jeder Mensch ist ein kompliziertes und einzigartiges Puzzle, das aus vielen unterschiedlichen Elementen besteht. Unsere einzigartigen Eigenschaften, eigene Erfahrung, individuelle Talente und Interessen vereinigen sich, um eine unikale Persönlichkeit zu erschaffen. Wir alle sind unterschiedlich und genau diese Diversität macht unsere Welt reicher und besser. Es wäre gut, dass wir einander immer respektieren und uns gegenseitig inspirieren, große Ziele zu erreichen." (Sofiia im Interview zu ihrer Arbeit)

Um 18 Uhr wurde die Ausstellung „Junge Kunst für Hanau“ feierlich eröffnet. Viele geladene Gäste kamen an diesem Abend im hell erleuchteten Kulturforum zusammen, um der Hanauer Anschlagsopfer zu gedenken und die Werke der Schüler zu würdigen. Neben den Rednern vom Vortag, u. a. Frau Unvar, Frau Schulz und Herr Höxter, richteten sich auch Gero Dimter (Stiftung Preußischer Kulturbesitz) sowie zwei Schülervertreter, Arian Roth und Luise Kaiser, an das Publikum.


Eröffnung der Ausstellung "Junge Kunst für Hanau", 13.02.2024, Kulturforum Berlin;  Fotos @ Katia Tangian; Jule Roehr / Initiative kulturelle Integration



Und natürlich blickten alle auf Kultusministerin Claudia Roth, die Initiatorin und Treibfeder dieser Veranstaltungsreihe. 2023 war ein Schultheater-Wettbewerb ausgelobt worden, an dem über 200 Schüler partizipiert hatten; 2024 wurde dieser Kelch nun an die bildende Kunst weitergereicht.

Man merkte gleich, dass das Thema Rassismus im Allgemeinen und der Hanauer Anschlag im Besonderen die Kultusministerin sehr bewegte. Claudia Roth richtete sich mit einer emotionalen Rede an die Jugendlichen. Dabei erinnerte sie sich an die Worte ihres Vaters, die er ihr noch als junges Mädchen mit auf den Weg gegeben hatte. „Die Menschenwürde ist unantastbar,“ hatte Roth den Artikel 1 des Grundgesetzes zitiert, um dann hinzuzufügen: „Nicht die Würde eines heterosexuellen Menschen, eines weißen, reichen oder männlichen Menschen, sondern die Würde jedes Menschen, die Würde von uns allen.“


Kultusministerin Claudia Roth während der Ausstellungseröffnung. Foto @ Jule Roehr / Initiative kulturelle Integration



Anschließend nahm sich die Kultusministerin sehr viel Zeit für die Jugendlichen: Sie ließ sich von ihnen durch die Ausstellung führen, stellte ihnen Fragen, hörte ihnen aufmerksam zu, gelegentlich gab es auch Umarmungen und Selfies. Wieder war deutlich zu spüren, dass Jugendliche und ihre Erfahrungen mit Rassismus und Diskriminierung Frau Roth ein wichtiges Anliegen waren.

Für die RGS-Schülerinnen Sofiia Karaieva und Hermine Mensching war diese Ausstellung eine einzigartige, beinah überwältigende Erfahrung. Sowohl die Kultusministerin als auch Frau Unvar hatten sich die Arbeiten der beiden angeschaut und sich ausführlich mit ihnen unterhalten. Frau Unvar hatte Hermines Fotocollage, auf der auch ihr getöteter Sohn Ferhat zu sehen ist, sehr gerührt. Und Frau Roth hatte Sofiia kurz in den Arm genommen, nachdem sie von ihrer Flucht aus der Ukraine erfahren hatte.


Begehung der Ausstellung mit Kultusministerin Claudia Roth, Fotos @ Jule Roehr / Initiative kulturelle Integration; Katia Tangian



Doch auch die vielen Gespräche am Rande der Ausstellung; die neuen Freundschaften, die geknüpft wurden; die Gruppenbilder in der Fotobox; der Besuch der Gemäldegalerie; der Spaziergang durch die Großstadt Berlin, für die wir uns am Abreisetag extra viel Zeit genommen hatten: All das hatte meine Schülerinnen stark beeindruckt. Später, nach ihrer Heimkehr, erhielt ich ein Feedback von beiden Müttern. Sie waren begeistert von dieser einzigartigen Chance, so viel Neues zu sehen, vor allem aber auch selbst gesehen zu werden. Fast wortgleich - die eine auf Deutsch, die andere auf Ukrainisch - sagten die beiden Mütter, ihre Töchter seien mit leuchtenden Augen heimgekehrt, voller Eindrücke und Inspiration. Ein schöneres Schlusswort für diese Veranstaltung gegen Rassismus und für Diversität kann man sich kaum vorstellen!


Hermine Mensching (RGS) mit Frau Unvar vor ihrem Plakat sowie weitere Bilder der Ausstellungseröffnung @ Katia Tangian; Jule Roehr / Initiative kulturelle Integration




Ein Siegertreppchen, auf dem alle Platz finden: (fast) alle SchülerInnen und LehrerInnen, die an der Ausstellung in Berlin partizipiert haben. Foto @ Jule Roehr / Initiative kulturelle Integration




Weitere Berichte über die Ausstellung finden sich unter folgenden Links:


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